
Liebe Freund:innen, Intessent:innen, Kund:innen von inscape,
vor zweieinhalb Wochen haben wir den gemeinsamen Abschied mit den Teilnehmer:innen des vierten Jahrgangs unserer Fortbildung in Generativer Organisations- und Kulturentwicklung begangen. Es ist immer wieder faszinierend, wie das Thema der generativen Veränderung während des Dreivierteljahrs, in dem die Fortbildung läuft, sich im Leben und den beruflichen Werdegängen der Teilnehmer:innen abbildet und vollzieht. Umfangreiche Projekte und Initiativen werden umgesetzt. Stellen werden nach langer Zeit des Haderns gekündigt, Beziehungen werden beendet und andere entstehen. Schwangerschaftsbäuche wachsen, Töchter ziehen aus und Abschiede aus Institutionen werden bewusst gestaltet.
Doch nicht nur bei uns gibt es Abschiede. Alleine schon bedingt durch den demografischen Wandel werden in den kommenden Jahren zahlreiche Mitarbeiter:innen in den Ruhestand verabschiedet werden. Daher schauen wir im Schwerpunkt auf den Umgang mit Abschieden – unseren und jenen in Organisationen. In der Kategorie „Woran wir denken, woran wir arbeiten“ stellen wir passend ein neues Angebot für ehemalige Teilnehmer:innen unserer Fortbildungen vor. Zum Schluss finden Sie wie gewohnt die Ankündigungen zu den nächsten bei inscape anstehenden Terminen.
Niemals geht man so ganzEine Flucht in die Aktivität oder ein verfrühter Aufbruch, selbst das Attackieren, sie sind klassische Abwehr- oder besser Bewältigungsstrategien, die zum Abschied oft dazu gehören. Auch wenn wir unsere Fortbildungen beenden, fallen Sätze wie: „Ich bin noch gar nicht so weit“, „Komm, nicht weinen“ oder „Wir bleiben im Kontakt“. Die emotionale Zumutung des Abschieds lässt sich durch Gruppenfotos (wie jenes hier auf der linken Seite vom aktuellen Jahrgang) und den Austausch von Adresslisten etwas herauszögern. Manchmal kommt es zu einer Überbetonung der Harmonie, um die Konflikte und Enttäuschungen zu übertünchen. Wir nutzen für den Abschluss unserer Fortbildungen sehr klassische Rituale wie das Überreichen von Zertifikaten und eines Abschiedsgeschenks. Genauso gehören ein gemeinsames Abendessen und eine bewusste Reflexion der jeweiligen Entwicklung der Berater:innen-Identität über den Lauf der Fortbildung dazu.
Wie Rolf Haubl (2005) betont, lernt es sich von idealisierten Gruppenleiter:innen leichter. Die Entwicklung einer von Personen und Gruppen abgelösten, professionellen Identität, eine „post-konventionelle Identitätsformation“, wie Habermas es genannt hat, bedarf schließlich jedoch einer Ablösung und einer Entpersonalisierung. Eine bewusste Gestaltung dieser Ablösung schafft Raum für eine neue Kollegialität und eine Identifikation mit dem professionellen Diskurs, wie er dann zum Beispiel auf Tagungen und in der Fachliteratur geführt wird. Trauer, aber gleichzeitig Lust auf die neu gewonnenen Fähigkeiten, neue Erfahrungen und die neue Freiheit sind wichtige Elemente. Diesen Prozess in Gang zu setzen, das ist ein wichtiger Teil des Abschieds, so verführerisch es auch für beide Seiten sein mag, in Abhängigkeit zu bleiben.
Doch wie schon Trude Herr wusste, „niemals geht man so ganz“. Auch bei uns, im nächsten Durchlauf der Generativen Organisations- und Kulturentwicklung, kehrt eine ehemalige Teilnehmerin in neuer Rolle zurück. Denn im dritten Modul der Fortbildung wird Carolin Kügel nicht nur die Körperdimension und die Rolle von Achtsamkeit in Organisationen miteinbringen, sondern auch eine zusätzliche Komponente der Generativität. Dann werden auch erstmals zwei der Module in Hamburg stattfinden, während die anderen beiden Module in Köln verbleiben.
Ein fließender Übergang
Doch sind wir natürlich beileibe nicht die Einzigen, bei denen Abschiede stattfinden. In den kommenden Jahren, alleine ob des Generationenwandels in vielen Organisationen, werden sich die Abschiede häufen. Ein Weg, damit umzugehen, sind Offboarding-Prozesse. Diese werden zurzeit allerdings noch recht stiefmütterlich behandelt. Das Abschiedsritual hat allerdings nicht nur für diejenigen, die gehen, eine hohe Bedeutung. Denn abrupte, wenig nachvollziehbare „Abgänge“ hinterlassen besonders tiefe Vertrauensverluste in der Organisation.
Wie lässt sich in dem Kontext ein passender Abschied gestalten? Ein Abschied, der gegebenenfalls ein fließender Übergang wird, der neue Formen der Arbeitsflexibilität und Rollenveränderungen mit sich bringt, wie wir sie mit dem Konzept des „Bridge Employment“ in Zukunft vermehrt erleben werden. Neben einer Würdigung in Form von Abschiedsritualen können in Zukunft Offboarding-Gespräche eine wichtige Quelle für ehrliches Feedback zum Erleben der Kultur und Strukturen in einer Organisation sein. Aus solchen Gesprächen kann die Organisation viel lernen. Nicht nur von denen, die gehen, weil sie aneckten, sondern auch von denen, die eine Organisation lange erlebt haben und damit viel Wissen über Prozesse und Wandelerfahrungen bei ihrem Abschied aus der Organisation mitnehmen.
Aus dem selben Grund laden einige Organisationen zu Ehemaligentreffen ein. Da bleibt immer eine Tür offen, da ist ein Abschied nur ein Abschied auf Zeit. So bleiben alte Geschichten präsent, selbst wenn die Protagonist:innen der Geschichten weitergezogen sind. In einer Arbeitswelt, in der Mitarbeiter:innen immer häufiger wechseln, ist genau dies vielleicht auch ein interessantes Format, welches Abschied und Bindung zugleich ist. Denn: Gelungene Abschiede würdigen nicht nur den Menschen, sondern sind für eine Organisation immer auch eine wichtige Chance, sich bewusst zu machen, wo sie steht und was sich verändert.
Woran wir denken, woran wir arbeiten: Ein generatives Berater:innnenforum
Nun könnte man uns beim Folgenden unterstellen, dass auch wir uns nicht trennen mögen. Denn wir planen zurzeit ein konkretes Angebot für Organisations- und Kulturentwickler:innen, ein inscape Berater:innenforum. Die Idee ist, dass sich eine feste Gruppe an ehemaligen Teilnehmer:innen unserer verschiedenen Fort- und Ausbildungen regelmäßig trifft.
Ein Abschied, das ist immer eine emotionale Verdichtung. Es geht um die mehr oder weniger schmerzhafte Auflösung einer Zusammengehörigkeit, einer emotionalen Bindung. Gerade die macht intensive Weiterentwicklung schließlich auch erst möglich. Trotz der Wichtigkeit von Abschieden, der besonderen Rolle, die sie einnehmen, der Trauer, die ihnen oft innewohnt, sind wir Menschen meist nicht besonders geübt in ihnen.
Zusammen sollen dann Praxisangebote besprechen werden. Es soll darum gehen, die unterschiedlichen Ideen, die Methodenvielfalt und Erfahrungen der Mitwirkenden in das Organisationsentwicklungsdesign einfließen zu lassen. Neben der gegenseitigen Inspiration und unterschiedlichen Kurzinputs, soll das Format auch einen Rahmen schaffen für den bewussten Umgang mit Vertrauen, Konkurrenz und Kooperation sowie ein Netzwerk fördern von psychodynamisch arbeitenden Organisationsentwickler:innen.
Schließlich gehen diese selten alleine in eine Organisation, denn hier sind unterschiedliche Perspektiven auf die Organisation entscheidend. In einer solchen Gruppe teilen wir einige Erfahrungen, allein durch die bei inscape absolvierten Fortbildungen, und bringen gleichzeitig jeweils einen individuellen Blick mit. Wir glauben daran, dass dieser kontinuierliche Austausch daher für die eigenen Angebote bereichernd und bestärkend sein kann. Vielleicht entstehen dabei auch neue Arbeitsbündnisse. Da die Teilnehmer:innen im gesamten deutschsprachigen Raum wirken, planen wir einen Start in Präsenz im Dezember und regelmäßige Folgetreffen online.
Was bei uns ansteht:
- Die Supervisionsweiterbildung für Coaches beginnt am 5. September. Das Ziel der nach DGSv-Richtlinien stattfindenden Weiterbildung ist es, die bereits vorhandenen Kompetenzen sowie das Wissen um Beratungskonzepte zu vertiefen und zu erweitern. Auf diese Weise soll ein eigenes Profil als Supervisor:in entwickelt werden.
- Ab dem 8. November geht es mit der oben erwähnten Fortbildung zur Generativen Organisations- und Kulturentwicklung los. Fokus sind dabei praktische Fragestellungen der Beratung und Führung von Organisationen.
- Am 28. November beginnt die inscape Coaching-Ausbildung. Während der Ausbildung entwickeln Teilnehmer:innen ihre Haltung als Coach und setzen sich mit den psychodynamischen Aspekten der Coaching-Arbeit auseinander.
- Das Generative Berater:innenforum startet am 14. Dezember mit einem Präsenztag in Köln, bevor es dann in vierteljährliche Onlinetreffen übergeht. Hier steht der Austausch zu konkreten Praxisangeboten und Kooperation im Vordergrund.
Anmeldungen zu allen Veranstaltungen können jeweils bei Gabriele Beumer unter Gabriele.Beumer@inscape-international.de vorgenommen werden.
Das ganze Jahresprogramm von inscape finden Sie hier.
Damit verabschieden wir uns für die vierzehnte Ausgabe des Newsletters. Die nächste Ausgabe erscheint im Juli.
Herzliche Grüße,
das inscape-Team